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Interkulturelle
Konflikte am Arbeitsplatz
Führungskräfte der Wirtschaft sind unzureichend
auf den Umgang mit zunehmend internationalen Belegschaften
vorbereitet
Interkulturelle Konflikte im Betrieb stellen Führungskräfte
häufig vor schwierige Aufgaben, erfordern diese Konflikte
doch Kompetenzen, die bislang in der Aus- und Weiterbildung
vernachlässigt werden. Erst ansatzweise findet die
Schulung interkultureller Kompetenz Eingang in den betrieblichen
Bildungskanon, stellen sich Betriebs- und Personalleiter
dieser aktuellen Herausforderung. Die Autorin berichtet
über die Situation von türkischen Arbeitsmigranten
in Deutschland und stellt einen Ansatz zur interkulturellen
Konfliktlösung im Betrieb vor.
Nachdem Migration lange Zeit als vorübergehendes
Phänomen betrachtet wurde, führen die Erkenntnisse
aus der Migrationsforschung zu dem Schluss, dass die Bundesrepublik
Deutschland faktisch ein Einwanderungsland ist. Diese
Erkenntnisse weisen darauf hin, dass die Arbeitsmigrationsbewegungen,
die mit den Anwerbeabkommen zwischen Italien (1955) und
dem ehemaligen Jugoslawien (1968) begannen, nicht rückgängig
zu machen sind. Der Aufenthaltsstatus vieler Migranten
hat sich verfestigt, die deutsche Staatsbürgerschaft
haben auch Menschen italienischer, türkischer oder
marokkanischer Herkunft. Die größte Gruppe
von Menschen nichtdeutscher Herkunft kommt - mit über
zwei Millionen - aus derTürkei.
Seit dem Anwerbeabkommen mit der Türkei von 1961
ist die Zahl türkischer Arbeitnehmer in der Bundesrepublik
Deutschland kontinuierlich gestiegen. Sie überschritt
1975 erstmals die Millionengrenze. Wegen des 1973 erlassenen
Gesetzes über den Anwerbestopp, das weitere Arbeitseinwanderungen
verhindern sollte, reisten viele türkische Familienangehörige
nach Deutschland, da sie befürchteten, dass dies
später nicht mehr möglich sein würde. Dadurch
änderte sich die Sozialstruktur dieser Einwanderungsgruppe,
die bis dahin eine nahezu reine Erwerbsbevölkerung
bildete.
Im Dezember 1998 lebten 2.110.223 Menschen türkischer
Herkunft in der Bundesrepublik Deutschland. Bei einem
Ausländeranteil von 7.319.593 stellt die Gruppe aus
der Türkei mit 28,8 Prozent die größte
Minderheitengruppe. Das ist ein Anteil von zirka 2,5 Prozent
an der Gesamtbevölkerung. Über 50 Prozent der
Migranten türkischer Herkunft haben ihren Lebensmittelpunkt
seit mehr als 15 Jahren in Deutschland.
Die türkischen "Gastarbeiter" planten zunächst
einen Aufenthalt von drei bis fünf Jahren, um sich
mit dem während dieser Zeit ersparten Geld eine gesicherte
Existenz in der Türkei zu schaffen. Ziel war der
dortige Erwerb von Haus- und Grundeigentum, Ackerland
und landwirtschaftlichen Maschinen oder die Gründung
kleiner selbstständiger Unternehmen, vor allem im
Handwerk und im Einzelhandel.
Verschiedene Entwicklungen sind verantwortlich dafür,
dass aus dem zeitlich befristeten Arbeitsaufenthalt eine
zögernden Schrittes vollzogene Einwanderung wurde.
Zum einen zeigte sich, dass die Arbeitgeber in der Bundesrepublik
Deutschland kaum daran interessiert waren, einmal angelernte
Arbeitskräfte wieder freizustellen und neue anzulernen.
Zum anderen hatten die Arbeitskräfte ihre Sparziele
nicht erreicht, da sie die Lebenshaltungskosten in Deutschland
und die Unterstützungsleistungen fürVerwandte
im Herkunftsland unterschätzt hatten.
Mit steigender Zahl und Verweildauer differenzierte sich
die Sozialstruktur der Bevölkerungsgruppe aus der
Türkei. Geschlechterrelation, Altersstruktur und
Ausbildungsstatus veränderten sich. Inzwischen ist
die Schauspielerin mit türkischem Namen ebenso normal
wie die promovierte Wissenschaftlerin oder der selbstständige
Unternehmer. Normal' ist jedoch leider auch die
im Vergleich mit deutschen Jugendlichen immer noch schlechtere
Bildungs- und Ausbildungssituation. Bis heute - und heute
sogar verstärkt - ist die schulische und berufliche
Eingliederung der türkischen Kinder und Jugendlichen
nicht befriedigend gelöst.
In den 90er-Jahren entwickelte sich zunehmend ein türkischer
Mittelstand in Deutschland, der höhere Ansprüche
an seine Arbeits- und Wohnsituation stellt. Außerdem
bilden die Studierenden aus der Türkei die größte
Gruppe von Ausländern an deutschen Universitäten
und Fachhochschulen. Die Mehrheit von ihnen sind Bildungsinländer,
das heißt sie haben bereits das deutsche Schulwesen
durchlaufen.
Die überwiegende Mehrheit der Wohnbevölkerung
türkischer Herkunft betrachtet den Aufenthalt in
Deutschland mittlerweile nicht mehr als zeitweilig. Auch
nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben kehren die türkischen
Rentner und Rentnerinnen nicht mehr in die Türkei
zurück. Das war weder von ihnen noch von der deutschen
Politik geplant, ist jedoch logische Konsequenz der Migrationsentwicklung.
Die Kinder und Jugendlichen sind in das bundesdeutsche
System hineingewachsen und mit diesem verbunden - häufig
mehr, als ihnen bewusst ist.
Die Älteren und Alten haben im Laufe der Jahre die
Entwicklung im Herkunftsland versäumt, die dortigen
verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen
haben an Stabilität verloren, und ein entscheidender
Faktor für die - immer häufiger auch bewusst
getroffene - Bleibeentscheidung ist die Höherbewertung
des deutschen Gesundheitswesens. Für dieses wiederum
erweist sich diese Klientel noch immer und immer mehr
als besondere Herausforderung, was die gestiegene Nachfrage
nach Schulungen in interkultureller Kompetenz und nach
der Vermittlung von Hintergrundinformationen verdeutlicht.
Heute stehen jedoch, insbesondere seit den rassistischen
Anschlägen von Mölln und Solingen, der deutsch-deutschen
Vereinigung und den damit verbundenen nationalen und sozialen
Neuorientierungen, Schwierigkeiten der Identitätsfindung
der Deutsch-Türken im Zentrum. Die offene Diskriminierung,
die sich in Gewalttaten äußert, ist nur eine
Form der Ablehnung, die auch hier geborene Menschen andersnationaler
Herkunft trifft. Viel häufiger und alltäglicher
sind subtilere Formen der Ablehnung, mit denen diese sich
bei der Suche nach einer Wohnung oder einem Arbeitsplatz
konfrontiert sehen. Dass es Diskriminierung von türkischen
Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen bei der Arbeitsplatzsuche
gibt, konnte unter anderem vom Zentrum für Türkeistudien
im Rahmen eines Projektes der Internationalen Arbeitsorganisation
(IAO) erstmals empirisch nachgewiesen werden.
Neuere Befragungen zur beruflichen Situation in Nordrhein-Westfalen
zeigen interessante Ergebnisse. So erklärt sich die
Mehrheit der 1.000 Befragten einer aktuellen Mehrthemenbefragung
unter Personen türkischer Herkunft mit ihren Berufschancen
zufrieden. Allerdings sinkt diese positive Einschätzung
mit der beruflichen Stellung und dem Ausbildungsniveau,
Arbeiter sind weniger zufrieden als Angestellte. Gewerkschaften
erhalten als politische Interessenvertretung noch relativ
gute Noten, wobei es keine Institution gibt, die als wirklicheVertretung
der Interessen deutsch-türkischer Migranten akzeptiert
wäre.
Als größtes gesellschaftliches Problem wird
auch von diesen Befragten die hohe Arbeitslosigkeit (94
%) und der Mangel an Ausbildungsstellen (90,1 %) betrachtet.
Über Ausländerfeindlichkeit klagen nur'
74,3 Prozent. Bei der Wohnungssuche, am Arbeits- beziehungsweise
Ausbildungsplatz und bei der Arbeitssuche wurde Ungleichbehandlung
von den Betroffenen mehrfach und häufig (zwischen
38 % und 43 %) beobachtet, immerhin 31 Prozent der Befragten
gaben Diskriminierungserfahrungen bei Behörden an.
Zwei Drittel der Befragten wollen definitiv nicht in die
Türkei zurückkehren, ein Viertel hält sich
die Option zur Rückkehr offen. Fast die Hälfte
der in Deutschland Geborenen empfindet das Geburtsland
auch als Heimat, 36 Prozent hegen heimatliche Gefühle
für die Türkei und Deutschland. Positiv fallen
in dieser Befragung die ausgeprägten Kontakte zu
Deutschen und der Wunsch nach einer Intensivierung dieser
Kontakte auf.
Modellprojekt "lnterkulturelles
Konfliktmanagement"
(...)
Die Beratungsarbeit ist ein wichtiger Bereich der Projektarbeit.
Beispielsweise brauchen Firmen zunehmend Unterstützung,
weil sie die Erfahrung machen, keinen Zugang (mehr) zu
den nichtdeutschen Arbeitern oder Angestellten sowie zu
deren Vorstellungen, Werten und Reaktionen zu haben. Städtische
Angestellte in Beratungsfunktionen oder Beschäftigte
in unterschiedlichen Bereichen sehen sich mit einem Kommunikationsverhalten
konfrontiert, das sie verunsichert. Sie erkennen, dass
sie häufig weder verstanden werden noch verstehen,
selbst wenn in dergleichen Sprache kommuniziert wird.
Ausbilder im Sportbereich müssen sich mit ihnen fremden
Befindlichkeiten, Wertungen und Reaktionen auseinander
setzen, und immer wieder kommt es zu Konflikten, die ohne
Hilfe von Außenstehenden nicht bearbeitet werden
können. Die Unterstützung eines externen Beraters
mit interkulturellem Wissen kann sowohl bei der Konfliktvermeidung
wie bei der Konfliktlösung helfen.
In dem Modellprojekt werden am Beispiel spezifischer Konfliktpunkte
des interkulturellen Zusammenlebens konkrete Konfliktlösungsmodelle
entwickelt. Diese Modelle sollen in unterschiedlichen
Städten und Zusammenhängen anwendbar sein. Thematische
Bereiche sind interkulturelle Konfliktlösung am Arbeitsplatz,
christlich-islamisches Zusammenleben, Gesundheit und Sport,
(Selbst-Ethnisierung). Die in diesem Zusammenhang bereits
entwickelten und durchgeführten Workshops setzen
sich aus verschiedenen Modulen zusammen und haben das
Ziel,
- für die Interkulturalität unserer Gesellschaft
zu sensibilisieren,
- für kulturelle Bedürfnisse, Werte und Besonderheiten
zu sensibilisieren,
- interkulturelle Kommunikation in Gang zu setzen,
- Regeln interkultureller Kommunikation einzuüben,
- kulturelle Normen bei sich selbst und anderen zu
hinterfragen,
- vorhandene interkulturelle Kompetenz bewusst zu machen,
weiterzuentwickeln und als Norm zu etablieren,
- den Umgang mit interkulturellen Konflikten zu üben.
In den Workshops wird eine Verknüpfung von Hintergrundwissen,
professionellen Arbeitsmethoden, selbstreflexiver Arbeit,
Erkennen eigener Wahrnehmungs-, Bewertungs- und Verhaltensmuster
angestrebt. Der Ausgangspunkt der Zusammenarbeit innerhalb
derWorkshops ist der (Arbeits-)Alltag der Teilnehmenden.
Ihre Erfahrungen, Beobachtungen, Wertungen sind Grundlage
des gemeinsamen Lernprozesses. Unter Einbeziehung des in
Input-Einheiten vermittelten Hintergrundwissens erfolgt
eine Analyse des jeweiligen Konfliktgegenstandes. Mit der
im Laufe des Workshops angestrebten Bewusstwerdung und Formulierung
von interkulturellen Zielen kann die Entwicklung interkultureller
Kompetenz unterstützt werden. Die Aufgabe der Moderatorin
wechselt zwischen Moderation, Animation und Mediation, manchmal
greift sie jedoch auch zur kontrollierten Provokation.
Der Projekttitel "Interkulturelles Konfliktmanagement"
wurde mit Bedacht gewählt. Erstens bezeichnet er treffend
das Arbeitsfeld des Modellprojektes, zweitens verbindet
sich mit ihm ein politisches Signal. Der Begriff "Interkulturelles"
deutet darauf hin, dass es um das geht, was zwischen verschiedenen
Kulturen (be)steht, um das, was sie teilen, was sie verbindet.
Damit liegt der Schwerpunkt anders als beim Begriff des
Multikulturalismus, der vor allem ethnisch-national definiert
wird und suggeriert, es gebe klar umrissene griechische,
italienische, türkische und deutsche Kulturen, die
als Folge von Migrationsbewegungen auch auf dem Territorium
der Bundesrepublik Deutschland in enger Nachbarschaft leben.
Der Begriff Multikulturalismus birgt das Risiko, Menschen
auf eine bestimmte Kulturzugehörigkeit festzulegen,
die auf eine Herkunfts- und Abstammungsgemeinschaft rekurriert
und insofern national und statisch gedacht wird. Kultur
kennzeichnet jedoch nach unserem Verständnis gerade
die Fähigkeit des Menschen, sich in Auseinandersetzung
mit anderen und Fremden selbst zu verändern und dabei
Neues zu entwickeln. Kultur repräsentiert das notwendige,
alltägliche und gestalterische Potenzial, sich über
Grenzen hinweg mit anderen Menschen zu verständigen.
Ungeachtet dessen dominiert in der öffentlichen Diskussion
ein Bild der Bundesrepublik Deutschland als homogener Hochkultur,
die von fremden Einflüssen bedroht wird und deren Mehrheitskultur
sich mit der Herausforderung eines Vielvölkerstaates
konfrontiert sieht.
Eine derartige Sichtweise erschwert jedoch den Einblick
in die tatsächliche Interkulturalität des multikulturellen'
Alltags wesentlich und unterschätzt die Bedeutung der
sozialen, rechtlichen, religiösen, geschlechtlichen,
sprachlichen, beruflichen oder generativen Zuordnungen.
Beides - das gewachsene und damit vorhandene traditionell-kulturelle
Regelwerk und die kreative Gestaltung von Kultur - ist in
symbiotischer Weise miteinander verknüpft. Der Nationalstaatsgedanke,
der die eigene - nun national bestimmte, ethnisch definierte
- Kultur als Orientierung nutzt, erschwert diese Sichtweise.
Nationalismus ist eine besonders effektive Strategie von
Abgrenzung und Vereinheitlichung und tritt besonders in
Zeiten gesellschaftlicher Umstrukturierungsprozesse oder
ökonomischer Krisen in Erscheinung.
Kommunikation und Kultur
Kommunikation und Kultur stehen in einem direkten Zusammenhang.
Sämtliche verbalen und nonverbalen Kommunikationsformen
einer Gesellschaft sind kulturell geprägt. Einer
bestimmten Kultur anzugehören, bedeutet also, in
einer spezifischen Weise zu kommunizieren. Mehr noch,
Sprache und Kultur sind in der Kommunikation und Interaktion
fest verbunden, wenn sie auch nicht identisch sind. Die
kulturspezifischen Zeichen werden von Angehörigen
derselben Kultur intuitiv verstanden, Personen mit einer
anderen kulturellen Herkunft verschließen sie sich
jedoch häufig. Interkulturelle Verständigung
setzt ein Verstehen des sprachlichen Handelns des Gegenübers
voraus und - dies ist nicht zu unterschätzen - die
Bereitschaft zur Verständigung.
In der interkulturellen Kommunikation erfolgt das Verstehen
nicht automatisch, immer auch birgt es die Gefahr der
Fehlinterpretation und der Projektion. Denn die Grenzen
zu den anderen Kulturen werden zumeist intuitiv gezogen,
wir spüren, erfahren, vermuten oder konstruieren
sie. Häufig handelt es sich bei kulturellen'
Konflikten am Arbeitsplatz nicht um tatsächliche
Interessensgegensätze oder feindselige Auseinandersetzungen,
sondern ganz einfach um Fehlinterpretationen und Missverständnisse.
Ein wichtiges Thema der interkulturellen Kommunikation
ist das Klären von Missverständnissen. Natürlich
kann das Nichtverstehen auch taktisch eingesetzt werden,
um Ziele zu erreichen oder Ansprüche anderer nicht
erfüllen zu müssen. In der interkulturellen
Kommunikation treffen selten gleichberechtigte Parteien
aufeinander, ein Machtgefälle ist eher die Norm,
und Hierarchien entfalten ihre Wirkkraft.
Für eine gut funktionierende Kommunikation beziehungsweise
Interaktion fehlt es meist an Vorwissen auf beiden Seiten,
häufig auch an der Bereitschaft oder an Zeit und
Raum, sich auf andere Kommunikationsstrukturen einzulassen
und die eigenen zu hinterfragen.
Interkulturelle Konflikte
im Betrieb
Ein Fortbildungsbedarf ist sowohl in betrieblichen Arbeitszusammenhängen
wie auch in den verschiedenen Sparten städtischer
Dienstleistungszusammenhänge erkennbar. Betriebliche
Führungskräfte fühlen sich häufig
ebenso wie Beraterinnen im Sozialbereich, Sachbearbeiter
in Behörden, Ärzte, Pflege- und Betreuungspersonal
in Kliniken oder Alteneinrichtungen in ihrem interkulturellen
Arbeitsfeld überfordert.
Während in der internationalen Geschäftswelt
das Management von Diversity als Modell der Zukunft diskutiert
wird, richten sich die Anstrengungen auf dem nationalen
Markt weniger auf die interkulturelle Gestaltung des Zusammenlebens
als auf die weitgehend isolierte Forderung nach einer
"Integration" - die Assimilierung meint - von
Ausländern. Gerade hier muss jedoch ein Umdenken
einsetzen. Die Idee der starken und homogenen Unternehmenskultur
sollte zu Gunsten der kulturellen Pluralität im Betrieb
aufgegeben werden. Die Mitarbeiter werden dabei gleichwertig,
aber nicht gleich behandelt, dafür tragen sie mit
ihren kulturellen Fähigkeiten zum Unternehmenserfolg
bei.
Ein besonderes Moment interkultureller Konflikte ist die
Verhaltensunsicherheit verschieden kultureller Konfliktaktparteien,
denn der jeweils andere ist schwer einschätzbar und
folgt anderen Regeln der Konfliktbearbeitung. Jede Gesellschaft
kennt das Phänomen Konflikt und hat eigene Formen
des Umgangs damit entwickelt. Wenn es keine gemeinsamen
Regeln gibt, besteht die Gefahr der Kommunikationsverweigerung
- eine frustrierende Erfahrung für die unterschiedlichen
Konfliktparteien. Während es in anderen Bereichen
positive Erfahrungen mit Konflikthelfern gibt, sind diese
im interkulturellen Bereich noch rar. An sie werden besondere
Erwartungen gestellt, eine davon ist das Wissen um kulturelle
Hintergrundinformationen der beteiligten Konfliktparteien.
Eine weitere - vielleicht noch wichtigere - ist die Akzeptanz
des Mediators oder der Moderatorin als neutrale Instanz,
die das Vertrauen aller Beteiligten genießt.
Erstes Ziel im Konfliktmanagement ist es, Konflikte verhandelbar
zu machen, das heißt, statt der jeweiligen Position
die anzustrebende Lösung in den Vordergrund zu stellen.
Die neutrale dritte Partei kann zu gleichberechtigter
Kommunikation verhelfen. Einschränkend ist anzumerken,
dass ein Konflikt, der zwischen Angehörigen einer
Minderheiten- und der Mehrheitsgesellschaft besteht, kaum
gleichberechtigt zu verhandeln ist. Zwar kann für
eine gewisse Zeit eine Art Laborsituation' hergestellt
werden, doch ist zu vermuten, dass sich Ungleichheitserfahrungen
auf beiden Seiten weiterhin auswirken.
Ethnisches Mobbing
Ethnisches Mobbing ist Mobbing, in dem die ethnische Zuschreibung
eine besondere Rolle spielt. Menschen andersnationaler
Herkunft gehören in Deutschland ebenso zu den Mobbing-Risikogruppen
wie Ältere, Berufsanfänger oder Alleinerziehende.
Sie haben andere (manchmal nur zugeschriebene) Wertigkeiten
und Präferenzen, müssen häufig biografische
Brüche verarbeiten und besitzen nur wenige Orte nicht
hinterfragter Dazugehörigkeit. Das macht sie angreifbar.
Was in der Migrationsforschung schon lange bewusst ist,
dringt jedoch erst allmählich in deutsche Unternehmen
durch: Ethnische Ausgrenzung und Kränkung machen
krank. Zunehmend werden so genannte Anpassungsstörungen
bei migrierten Älteren oder Verhaltensstörungen
bei Jugendlichen aus Migrationsfamilien diagnostiziert.
Die realen Ablehnungs- und Diskriminierungserfahrungen
in der Aufnahmegesellschaft werden individuell vor allem
als narzisstische Kränkung erlebt, sie vermitteln
das Gefühl, auf die Außenseiterrolle festgelegt
zu sein. Als Reaktion auf reale Erfahrungen ist in vielen
Fällen auch die Entwicklung einer ängstlich-misstrauischen
Haltung beziehungsweise einer permanenten Verteidigungsbereitschaft
zu interpretieren. Diesen Befunden muss verstärkt
Beachtung geschenkt werden.
Veröffentlicht in:
Personalführung
5/2000, S. 26-35
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